Wasserstoff: Studie deckt Potenziale in der Metropolregion Nürnberg auf

Wasserstoff: Studie deckt Potenziale in der Metropolregion Nürnberg auf

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Nürnberg ist gut aufgestellt, um beim Zukunftsthema Wasserstoff als Technologieanbieter-Region mitzuspielen. In der Wasserstoffwirtschaft könnten bis 2030 Tausende neue Jobs vor Ort entstehen. Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie.

„Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg – Analyse der Kompetenzen, Chancen und Herausforderungen“, die der Energie Campus Nürnberg im Auftrag des Wirtschafts- und Wissenschaftsreferats der Stadt Nürnberg erstellt hat. Die Studie untersucht die wirtschaftlichen Potenziale von Wasserstoff-Technologien für die Metropolregion Nürnberg und beleuchtet auch das Anwendungspotenzial von Wasserstoff vor Ort.

Wasserstofftechnologien in Nürnberg © Alisa Zellner / EnCN

Innovationszentrum für Wasserstofftechnologien

In der Metropolregion Nürnberg bildet sich bereits ein starkes Kompetenzcluster für Wasserstofftechnologien aus – Nürnberg hat lt. der Studie das Zeug zum Innovationszentrum für Wasserstoff-Technologien. 150 Akteure gestalten gegenwärtig das Thema Wasserstoff in der Region, davon 90 Unternehmen. Einen Ãœberblick über die Akteurslandschaft bietet die Website hy+ Wasserstoff-Metropolregion Nürnberg. Zentraler Netzwerkknoten ist das in Nürnberg beheimatete Zentrum Wasserstoff.Bayern mit angeschlossenem gesamtbayerischen Wasserstoffnetzwerk. Eine Anlaufstelle für mittelstandsgetriebene Projekte bietet das regionale Energietechnikcluster ENERGIEregion Nürnberg e. V.. Zum Schaufenster für die Wasserstoffkompetenzen entwickelt sich der Fachkongress HYDROGEN DIALOGUE, zuletzt mit über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, der in diesem Jahr am 6. und 7. Dezember stattfinden wird.

Kernkompetenzen der Metropolregion Nürnberg liegen in den Bereichen Elektrolyse-Anlagen, Wasserstoff-Speicherung (insb. Liquid Organic Hydrogen Carriers) und Brennstoffzellen für stationäre sowie mobile Anwendungen. Ausgeprägt sind zudem komplementäre Wirtschaftszweige wie Maschinenbau, Verfahrenstechnik oder Industrial IoT, die ihr Angebot schnell an den Hochlauf von Wasserstofftechnologien anpassen und wichtiges Know-how beitragen können. Am Standort Nürnberg hat sich zudem ein Spitzenforschungs- und Entwicklungscluster um den Energie Campus Nürnberg und das Helmholtz Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien ausgebildet.

Im Benchmark mit den anderen Metropolregionen in Deutschland positioniert sich Nürnberg auf dem vierten Rang. Was die Region auszeichnet, sind die vielen aktiven Unternehmen und exzellente Forschung und Entwicklung. Andere Regionen sind meist stärker bei der Wasserstofferzeugung und -anwendung. Nürnberg ist zudem TOP 5-Regionalcluster in Deutschland für Wasserstoffinnovation, gemessen an der Zahl der Patentanmeldungen.

Ein Beispiel für die innovative Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit aus der Region bietet das Unternehmen MAN Bus & Truck in Nürnberg. Unter dem Dach des Campus Future Driveline forscht der Motorenhersteller zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm an zukunftsfähigen Lkw-Antrieben auf Basis von Batterie und Brennstoffzelle.

Mit neuen Produkten und Technologien in stationären und mobilen Wasserstoffanwendungen, prognostiziert die Studie, könnten bis zum Jahr 2030 zwischen 0,25 und 1 Mrd. Euro an neuer Wertschöpfung in der Region und 2.000 bis 8.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Nach dem Jahr 2030 wird ein weiteres starkes Wachstum erwartet.

Nürnberg und die Metropolregion als Innovationszentrum für Wasserstoff-Technologien © Kevin Altmann / EnCN

Grüner Wasserstoff in der Metropolregion – zunächst eher Nische als Breite

Die Studie beleuchtet zudem die Anwendungspotenziale von Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg. Die Region ist hierbei gegenüber anderen Regionen erst einmal im Nachteil. Bei einem insgesamt geringeren Erzeugungspotenzial von Grünstrom aus erneuerbaren Energien gegenüber Gunstregionen insb. in Küstennähe fehlen in der Region auch Großabnehmer für Wasserstoff wie große Stahlwerke oder chemische Industrie. Bei einem ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien könnten 2030 rechnerisch bis zu 10 TWh pro Jahr an grünem Wasserstoff vor Ort per Elektrolyse erzeugt werden. Realistisch betrachtet wird sich Wasserstoff aber zuerst nur in Nischenanwendungen durchsetzen. Mögliche Anwendungsszenarien liegen in der regionalen Papier‑, Glas- und Metallindustrie sowie perspektivisch im Schwerlastverkehr oder im Einsatz von Elektrolyseuren zur Stabilisierung des Stromnetzes. Gute Standorte für Wasserstofferzeugung finden sich dort, wo der Wasserstoff und Nebenprodukte der Elektrolyse (Wärme, Sauerstoff) direkt genutzt werden können, so z.B. in der Nähe von Kläranlagen.

Die Studie geht davon aus, dass die Metropolregion Nürnberg perspektivisch durchaus einen Bedarf an Wasserstoff haben wird, der nur dann gedeckt werden kann, wenn auch die notwendige Infrastruktur zur Verfügung steht. Ein wichtiges Anwendungsfeld könnte hier im Schwerlastfernverkehr liegen, wo nach 2030 bis zu 55 Tankstellen entlang der Hauptverkehrsachsen benötigt würden, um den Bedarf zu decken.

Wichtige Erkenntnisse zu den Chancen und Bedarfen nachhaltiger Wasserstoff-Logistik verspricht ein neues Leuchtturmprojekt vor Ort. In Kooperation mit dem Nürnberger Logistikspezialisten Amm Spedition werden alle Nürnberger Filialen der Drogeriemarktkette dm durch Wasserstoff-LKW beliefert. Die Warenversorgung der Märkte im Stadtgebiet erfolgt mit vier Brennstoffzellen-Lkw des Typs Hyundai Xcient Fuel Cell Typ 6×2. Das Projekt läuft über vier Jahre.

Wasserstofftechnologien in Nürnberg weiter stärken © Alisa Zellner / EnCN

Stärken stärken

Die Studie gibt abschließend Handlungsempfehlungen, um die technologische Kompetenz der Region zu stärken und die wirtschaftlichen Potenziale zu heben. Es wird empfohlen, die wissenschaftlichen Kompetenzen der Universitäten, Hochschulen und angewandten Forschung der Region in einen Wasserstoff Wissenszentrum zu bündeln. So ein Wissenszentrum könnte (Weiter-)Bildungsangebote zum Thema Wasserstoff organisieren, Forschung und Entwicklung für H2-Technologie-Komponenten festigen und Demonstrations- und Erprobungsanlagen für Erzeugung und Verbrauch von Wasserstoff in der Region anreizen. Mit dem Einrichten einer metropolitanen Koordinationsstelle zum Thema Wasserstoff sollten Vernetzung, Wissens- und Technologietransfer gefördert werden. Weitere Aufgaben wären das Zusammenbringen potenzieller Anbieter und Anwender von Wasserstoff und die Erhöhung der Sichtbarkeit der Region mit dem Thema Wasserstoff. Die Studie hat zudem weiteren Forschungsbedarf im Bereich der Wasserstofferzeugungs- und Anwendungspotenziale aufgedeckt. Empfohlen wird zudem ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien.

Die Studie „Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg – Analyse der Kompetenzen, Chancen und Herausforderungen“ kann über die Wirtschaftsförderung Nürnberg kostenfrei bezogen werden.

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Titelbild: © 3rdtimeluckystudio / Shutterstock

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