Arbeit im Wandel: Hotspot Nürnberg

Arbeit im Wandel: Hotspot Nürnberg

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Digitalisierung, Industrie 4.0, New Work – die Arbeitswelt steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Nürnberg ist nicht nur eine Stadt, die den wirtschaftlichen Strukturwandel erfolgreich gemeistert hat, sie ist zugleich das deutschlandweit führende Zentrum der Arbeitsmarktforschung.

Die Arbeitswelt ist in ständigem Wandel begriffen. Nürnberg ist dafür ein beeindruckendes Beispiel: Noch vor wenigen Jahrzehnten prägten die großen Player wie Grundig, Quelle oder AEG das Wirtschaftsbild der Stadt und der gesamten Region – Unternehmen, zu deren Blütezeit Zehntausende Menschen in Lohn und Brot standen. Die erfolgreichen Kinder der Wirtschaftswunderzeit scheiterten letztlich an veränderten Rahmenbedingungen – zum Beispiel an globalisierten Märkten oder neuen Vertriebskanälen.

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Die Stadt Nürnberg hat diese Verluste erfolgreich kompensieren können, nicht zuletzt aufgrund eines Strukturwandels hin zu mehr Diversität: 25.000 Unternehmen sind aktuell in der Stadt angesiedelt. Der größte Teil davon entfällt auf den Dienstleistungssektor. Im Vergleich der größten deutschen Städte hat Nürnberg die drittniedrigste Arbeitslosenquote, sie liegt aktuell bei rund sechs Prozent. Verglichen mit anderen großen klassischen Produktionsstandorten, die einen ähnlichen Strukturwandel durchgemacht haben, ist Nürnberg hier sehr gut aufgestellt. Damit das so bleibt, sorgt die Stadt mit agilen und intelligenten Strategien dafür, den Wirtschaftsstandort Nürnberg zukunftsfähig zu positionieren. Herausforderungen für die Wirtschaftsstruktur Nürnbergs oder für bestimmte Branchen werden in dezidierten Strategien u. a. für die Bereiche Digitalisierung, Start-Up, Handel, Industrie sowie Flächenentwicklung aufgegriffen.

Zentrum der Arbeitsmarktforschung

Nürnberg ist jedoch nicht nur ein Spot des wirtschaftlichen Strukturwandels, sondern zugleich ein Zentrum der Arbeitsmarktforschung und -politik. 1967 wurde hier das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gegründet. Am IAB arbeiten Forscherinnen und Forscher aus der Ökonomie, der Soziologie und weiteren sozialwissenschaftlich und methodisch ausgerichteten Disziplinen. Sie tragen zu einem besseren Verständnis der Funktionsweise des Arbeitsmarktes, der Erwerbschancen und der Lebensbedingungen in einer sich dynamisch verändernden Welt bei und schaffen so die Basis für eine empirisch informierte Arbeitsmarktpolitik.

Als Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit verfügt das IAB über wertvolle Daten zu Beschäftigten und Unternehmen, die auch externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zugänglich gemacht werden. Davon profitieren nicht zuletzt auch die Forscherinnen und Forscher der WiSo, des Fachbereichs Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die mit dem IAB seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeiten. Auch der von der WiSo in diesem Jahr zum dritten Mal organisierte Wirtschafts- und Wissenschaftskongress #NUEdialog findet dieses Mal in Kooperation mit dem IAB statt. In gemeinsamen Projekten untersuchen WiSo und IAB beispielsweise die makroökonomischen Ursachen der Arbeitsmarktentwicklung, den Zusammenhang von Bildung und Erwerbstätigkeit oder die Wirksamkeit arbeitsmarktpolitischer Instrumente.

Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo) der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg © Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

An der WiSo, der universitären Denkfabrik in der Tradition der ehemaligen Handelshochschule, gibt es einen eigenen Forschungsschwerpunkt zum Wandel der Arbeitswelt. Mehrere Lehrstühle und Professuren untersuchen aus ökonomischer, soziologischer und psychologischer Perspektive, wie Arbeitsmärkte und -welten sich verändern und wie die Politik darauf reagieren sollte. Im Fokus stehen beispielsweise die Erosion klassischer Erwerbsbiografien bei gleichzeitiger Zunahme von Leiharbeit und Solo-Selbständigkeit, zunehmende Migration und verstärkte internationale Arbeitsteilung. Auch die unterschiedliche Entlohnung von Frauen und Männern, Work-Life-Balance-Konzepte und Auswirkungen veränderter Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit sind wichtige Forschungsthemen. Seit 2007 ist die deutschlandweit führende Arbeitsmarktforschung der WiSo am interdisziplinären Zentrum LASER gebündelt. Der am 27.10.2021 digital stattfindende Kongress #NUEdialog hat das Fokusthema „Arbeit im Wandel“ und greift somit den Forschungsschwerpunkt auf.

Digitaler #NUEdialog mit dem Thema „Arbeit im Wandel“ © Giulia Iannicelli / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Digitalisierungsschub durch Corona?

Die Digitalisierung durchdringt zunehmend unser gesamtes Leben – und damit auch die Arbeitswelt. Das birgt enorme Potenziale, etwa für die automatisierten und vernetzten Produktionsprozesse der Industrie 4.0. Zugleich gibt es aber auch Ängste vor dieser Entwicklung – berechtigte ebenso wie unberechtigte. Eine der häufig gestellten Fragen in diesem Zusammenhang ist die, wie viele manuelle Tätigkeiten durch Automatisierungen wegfallen – überspitzt formuliert also, ob der Computer den Menschen eines Tages überflüssig macht. Intensiv diskutiert wird ebenso, ob Digitalisierung zu mehr Kontrolle und Überwachung am Arbeitsplatz führt und ob gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund zunehmender Arbeitsverdichtung zu befürchten sind.

In der aktuellen Debatte um die Zukunft der Arbeit spielen selbstverständlich auch die Erfahrungen eine wichtige Rolle, die wir während der Corona-Krise gesammelt haben und weiterhin sammeln. Im Homeoffice wird ein großes Potenzial gesehen, allerdings zeigen Studien bereits vor Corona, dass die Leistung virtueller Teams meist unter den Erwartungen liegt. Auch die Erfahrung der temporären Schulschließungen legen nicht unbedingt nahe, dass Homeschooling in absehbarer Zeit den Präsenzunterricht ersetzen wird. Ob Homeoffice und virtuelles Arbeiten tatsächlich zu zentralen Elementen der New Work werden, diese Frage wird Unternehmen ebenso wie die Arbeitsmarktforschung noch längere Zeit beschäftigen – nicht nur in Nürnberg, sondern überall auf der Welt.

Mit diesen und weiteren Themen und Fragestellungen setzt sich der #NUEdialog in diesem Jahr auseinander. Im Mittelpunkt des Nürnberger Dialog Wirtschaft und Wissenschaft #NUEdialog stehen die Schnittstellen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Wissenschaft zu praxis- und gesellschaftlich relevanten Fragen. Der Kongress soll vermitteln, wie Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschung gelingen, sowie Ideen und Impulse für den Austausch zu praxisrelevanten Fragen für Fachleute aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen bieten. Der #NUEdialog findet am Mittwoch, 27.10.2021 ab 09.30 Uhr als digitale Veranstaltung statt. Genauere Informationen zum Programm, den geladenen Speakern und zur Anmeldung des #NUEdialog gibt es hier:

www.nuedialog.de  

Virtueller #NUEdialog mit dem Thema „Arbeit im Wandel“ am 27. Oktober © Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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Titelbild:  Arbeit im Wandel © Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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