Seit Anfang 2017 sind insgesamt acht elektrisch angetriebene Lastenfahrräder im Einsatz und liefern ca. 800 – 900 Paketsendungen aus zwei Mikrodepots täglich im Stadtgebiet Nürnberg aus. Die Idee dazu entstand 2015 und stammt von der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm: Unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Ralf Bogdanski entwickelten er und sein Team gemeinsam mit dem Wirtschaftsreferat der Stadt Nürnberg, der Industrie- und Handelskammer IHK für Mittelfranken und der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern für Bau und Verkehr ein Konzept für ein nachhaltiges Citylogistik-Projekt.
Nachhaltiges Logistikkonzept für eine umweltfreundliche Paketzustellung
Die Vision: Ein Paketlogistikkonzept für die Nürnberger Innenstadt, das für möglichst alle Interessensgruppen einen Mehrwert bietet und nachhaltig ist.
Das Ziel: Geringeres Verkehrsaufkommen, Eindämmung des Straßenlärms und Reduzierung von Emissionen bei hoher Effizienz und Wirtschaftlichkeit. „Alternative Logistikkonzepte nehmen zukünftig eine immer wichtigere Rolle ein“, erklärt Ralf Bogdanski. „Aufgrund der Abhängigkeit und Endlichkeit von Erdöl bzw. Benzin, Diesel und Kerosin und der Luftverschmutzung in Städten ist der Handlungsbedarf schon seit langem bekannt.“ An seinem Lehrstuhl beschäftigt er sich mit logistischen Prozessen, Ökobilanzierung und nachhaltiger Unternehmensführung, immer mit dem Ziel, die Themen Nachhaltigkeit und Logistik miteinander in Einklang zu bringen.
Ein erfolgreiches Projekt, bei dem alle Parteien profitieren
Das Konzept: In der Schlehengasse und im Nürbanum wurden zwei geeignete leerstehende Bestandsimmobilien angemietet, deren räumliche Beschaffenheit sich als Logistikzentralen für E-Lastenfahrräder eigneten. In diesen sogenannten Mikrodepots werden die Pakete zwischengelagert, die E-Bikes beladen und mit dem nötigen Strom versorgt. Mit ihren Wirtschaftlichkeitsanalysen und Emissionsberechnungen konnten Bogdanski und sein Team schnell zwei Logistikdienstleister für das Pilotprojekt gewinnen – DPD und GLS.
Eine weitere Herausforderung stellte die Beschaffung geeigneter E-Bikes dar. „Wir haben schnell gemerkt, dass es für Lastenfahrräder nur Nischenproduzenten gibt“, so Bogdanski. Die Herstellung und Lieferung der E-Bikes brauchten einen Vorlauf von mehreren Monaten. Das Projekt startete daher auch erst im November 2016 anstatt, wie geplant, im September. „Offiziell wurde das Projekt jedoch erst im März 2017 durch Staatsminister Herrmann eröffnet, da hatten wir inoffiziell jedoch schon das Weihnachtsgeschäft erfolgreich mit den E-Bikes absolviert und jede Menge Kinderkrankheiten im gesamten Projektablauf und natürlich bei den E-Bikes beseitigen können“, berichtet Bogdanski.
Anerkennungen und Auszeichnungen für das Nürnberger Citylogistik-Projekt
Bereits im Vorfeld konnten die Projektbeteiligten von dem Citylogistik-Projekt überzeugt werden. Nachdem die Idee aber auch in der Praxis angewandt wurde, war schnell klar, dass man hier etwas Außergewöhnliches entwickelt hatte. „Die Paketzustellerinnen und Paketzusteller sind begeistert: keine lästige Parkplatzsuche mehr, keine Knöllchen, keine Parkunfälle, dazu eine viel effizientere Sortierung der Pakete und die entsprechende Zustellung an der frischen Luft. Die Bürgerinnen und Bürger sind von der umweltschonenden Auslieferung ebenfalls angetan, die Politik sowieso“, schwärmt Bogdanski.
Mittlerweile kommen Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet, aus Erlangen, Ingolstadt, Regensburg, Stuttgart, Frankfurt, Berlin und vielen weiteren Städten. Außerdem durfte man in Wien den renommierten Mobilitätspreis des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) in der Kategorie „Internationale Vorbildprojekte“ entgegennehmen, sowie den lokalen Förderpreis der N-ERGIE Aktiengesellschaft. Das damit verbundene Preisgeld fließt momentan in ein Folgeprojekt, das gemeinsam mit der Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft eG durchgeführt wird.
„In der Entwicklung professioneller Lasten-E-Bikes steckt noch enormes Potenzial. Indem wir hier Standards entwickeln, schaffen wir eine wichtige Basis, um das Logistikkonzept flächendeckend in der Bundesrepublik als auch international voranzutreiben. Und darüber hinaus wollen wir auch weitere Branchen für die Lasten-E-Bike-Logistik begeistern. Ich bin sehr gespannt, welche Kreise unser Konzept in der Zukunft noch ziehen wird, denn das Interesse ist momentan wirklich riesengroß“, freut sich Bogdanski.
Titelbild: Paketzustellung mit dem Lasten-E-Bike in Nürnberg – © Jens Wegener/DPD
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