Das Milchhofareal galt lange als Klassiker der Industriekultur, in seiner architekturgeschichtlichen Bedeutung reichte es weit über die Nürnberger Region hinaus und auch wirtschaftlich wurde es über 60 Jahre genutzt. In den 1990er Jahren kam der Milchhof jedoch weitgehend zum Erliegen, nach und nach verfielen die Gebäude. Als dann eine denkmalschutzgerechte Sanierung nicht mehr möglich war, folgte der Beschluss, das Areal neu zu entwickeln. Das Ergebnis: Auf dem ehemaligen Milchhofgelände entstand ein Vorzeige-Gewerbegebiet mit modernster Infrastruktur und rund 3.200 Arbeitsplätzen.
Lange Zeit Zentrum der Milchversorgung und Zeugnis einzigartiger Betonarchitektur
Die Gebäude der Bayerischen Milchversorgung, die für das Milchhofareal standen, wurden vom Architekten Ernst Otto Schweizer geplant. Selbiger war es auch, der nicht nur die Pläne für das Ernst-Happel-Stadion in Wien, früher Praterstadion genannt, entwarf, sondern auch am Bau des Städtischen Stadions in Nürnberg, einem Vorläufer des heutigen Stadion, beteiligt war. Die von ihm geschaffenen Betriebsgebäude in der Kressengartenstraße waren mit großformatigen gelben Fliesen verkleidet, das Verwaltungsgebäude mit Naturstein bedeckt. Einzigartig war auch die gefaltete Dachkonstruktion. Sie galt lange Zeit als wegweisend in der Industriearchitektur.
Doch das Milchhofareal war alles andere als bloße Kunst. Die Anlage wurde von der Bayerischen Milchversorgung genutzt. Anfangs wurden täglich rund 180.000 Liter Milch verarbeitet. Allerdings verlagerte die Bayerische Milchunion, wie das Unternehmen ab 1988 hieß, die Produktion in den 1990er Jahren schließlich in den Bamberger Raum. Dabei entstanden massive Schäden an den Gebäuden, da die Dächer aufgerissen wurden, um die Milchtanks auszubauen. Problematisch war dies auch deshalb, weil die Produktionshalle des Milchhofs als Zeugnis der frühen Betonarchitektur galt und somit unter Denkmalschutz stand. Nach und nach nagte auch noch der Zahn der Zeit an Bauwerken, da lediglich das Verwaltungsgebäude genutzt wurde, was als Einziges im Jahr 2003 noch aufwändig restauriert werden konnte. Für die restlichen Bauten des Milchhofareals war eine Sanierung unter Abwägung von Wirtschaftlichkeit und Denkmalschutz nicht mehr tragbar. Dafür erstellte der Eigentümer, das Münchner Immobilienunternehmen DIBAG Industriebau AG, in Zusammenarbeit mit der Stadt Nürnberg jedoch ein vielversprechendes Konzept.
Beeindruckender Neuanfang
Das Vorhaben sah unter anderem vor, dass der Autobauer Daimler eine neue Niederlassung auf dem ehemaligen Milchhofgelände errichtet, die Verkauf, Service und Werkstatt beinhaltete. Außerdem sollten Büroflächen entstehen und die Fachhochschule sollte zusätzliche Räumlichkeiten erhalten. Gerechnet wurde mit ca. 1.300 Arbeitsplätzen, die insgesamt dazukommen sollten. Die Pläne umfassten auch ein ansprechendes Grünflächenkonzept. Demnach sollte eine Verbindung zum Wöhrder See und zum Goldbachtal entstehen.
Heute befindet sich auf dem ehemaligen Milchhofgelände ein Businesspark mit rund 45.000 Quadratmetern Geschossfläche. Neben Daimler beheimatet das Milchhofareal noch weitere Unternehmen bzw. deren Niederlassungen, darunter die VR-Bank, das Beratungsunternehmen Ernst & Young und ein Callcenter der Telekom. Auch eine Zahnarztpraxis und eine Kindertagesstätte fanden auf dem Areal ein neues Zuhause. Außerdem bald mit von der Partie: Das Nürnberger Unternehmen Sellbytel, das mit seinen Beschäftigten aus den bisherigen Standorten aus Nürnberg und Fürth an den Wöhrder See umziehen und dort seinen neuen Unternehmenssitz haben wird.
Der neue Businesspark zeichnet sich durch eine verkehrsgünstige, zentrale Lage aus, verfügt mit nahegelegener S-Bahn und Straßenbahn über eine exzellente Verkehrsanbindung und zwei Parkhäuser für Beschäftigte und Kunden sorgen für eine stressfreie Anreise mit dem Auto. Dank der klimatisierten Büroanlagen kommt man beim Arbeiten auch an warmen Tagen und in hitzigen Zeiten nicht ins Schwitzen. Loungebereiche laden zu Besprechungen ein und für den Kaffee am Nachmittag. Für das leibliche Wohl sorgen eine Cafeteria, eine Pizzeria sowie Foodtrucks, für die Stellplätze bereit stehen. Und wer in seiner Mittagspause entspannen möchte, kann in nur wenigen Schritten am Wöhrder See flanieren oder einen Abstecher in die Innenstadt machen.
Die Zahl der Arbeitsplätze, die von Unternehmen an dem Standort insgesamt geschaffen wurden, liegt bei ca. 3.200 und damit deutlich über den Erwartungen. Das Resümee nach zehn Jahren lautet daher: Das Konzept ging insgesamt voll auf!
Titelbild: Gewerbepark Tullnaupark in Nürnberg – © Michael Kammeter/DIBAG Industriebau AG
Schreibe einen Kommentar