Lange Zeit zierte das Kaufhaus am Aufseßplatz, das den Nürnbergerinnen und Nürnbergern trotz des mehrfachen Namenswechsels in Merkur, Horten oder Kaufhof als „Schocken“ im Gedächtnis blieb, die Nürnberger Südstadt. Es galt sogar als das Herz des Viertels. Als im Juni 2011 bekannt wurde, dass der Kaufhof-Konzern das Haus am Aufseßplatz schließen wird, waren insbesondere die Bürgerinnen und Bürger sehr besorgt, zumal nicht nur eine Versorgungslücke, sondern auch ein Stück Tradition wegzubrechen drohte. Genau ein Jahr später war es dann auch soweit, das Kaufhaus machte die Schotten dicht. Nach zunächst hoffnungsvollen Verheißungen eines internationalen Unternehmens kam schließlich die Ernüchterung – bis der heutige Eigentümer ins Spiel kam. Der lässt es zwar eher besonnen angehen, dafür gestaltet sich das Vorhaben aber umso verheißungsvoller und zukunftsorientierter.
2012 – das Jahr der Zäsur in der fränkischen Einzelhandelsgeschichte
Rund 85 Jahre belebte das Kaufhaus die Nürnberger Südstadt. Dabei galt es als eines der modernsten Kaufhäuser in der Region. Verantwortlicher Architekt war Erich Mendelsohn, der auch andere Schocken-Kaufhäuser ins Leben rief. Dem Eigentümer, Salman Schocken, war es vor allem wichtig, dass das Kaufhaus die Grundbedürfnisse der Kunden anspricht, das heißt Besucher sollten auf ein breites Warensortiment treffen, das sich zugleich durch günstige Preise auszeichnet.
Mit der Südstadtlage hatte man seine Kernzielgruppe, die Arbeiter, zugleich unmittelbar vor der Tür. Das Konzept ging auf: Bereits am Eröffnungstag vor über 90 Jahren, am 11. Oktober 1926, warteten tausende Menschen vor dem bereits überfüllten Kaufhaus auf Einlass, sogar die Ordnungshüter mussten zur Hilfe gerufen werden, damit wieder Ruhe einkehrte. Im Laufe der Jahre vitalisierte das Kaufhaus auch die Umgebung, zahlreiche weitere Geschäfte entstanden in der Nürnberger Südstadt.
Doch gleichzeitig stieß das Kaufhaus bzw. sein Eigentümer auf heftigen Gegenwind, maßgeblich vonseiten der Politik. In den späten 1920er Jahren hetzten die Nationalsozialisten gegen den Inhaber und im April 1933 wurden sogar jüdische Geschäfte angegriffen. Schließlich musste das Kaufhaus zwangsverkauft werden, zu einem Bruchteil des Wertes. Damit verschwand der Name Schocken, das Kaufhaus firmierte zunächst unter dem Namen Merkur, bis es nach dem Krieg von Helmut Horten erworben wurde und in den 1960ern eine Modernisierung erfuhr. Ab 1994 gehörte die Horten-Gruppe dem Metro-Konzern, erst im Jahr 2004 wurde das Gebäude in „Kaufhof“ umbenannt. Unter diesem Namen schloss das Traditionskaufhaus dann im Juni 2012 endgültig.
Pläne, an der Stelle bis 2016 wieder ein Einzelhandelszentrum zu schaffen, blieben vorerst reine Theorie. Um die brachliegenden Flächen dennoch zu nutzen und aktiv zu gestalten, initiierte die Stadt Nürnberg kurz nach Bekanntgabe der Schließung das Projekt „Ein neues Herz für den Nürnberger Süden“, das im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt) erfolgreich umgesetzt wurde. So konnte mit der Einrichtung eines Bürgerbüros als zentrale Anlaufstelle der Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern gefördert werden. In den Schaufenstern des Gebäudes wurde die Vielfalt der Südstadt mit abwechselnden Ausstellungen präsentiert und Teile der ehemaligen Verkaufsflächen konnten für Projekte und Veranstaltungen zwischengenutzt werden.
Neues „Herz der Südstadt“ – erster Pulsschlag bald zu spüren
Doch die Zeit des Stillstands neigt sich dem Ende zu. Denn die neue Eigentümerin der Immobilie, die Edeka-Gruppe, krempelt nun die Ärmel hoch. So wurden bereits mehrere Hürden auf dem Weg zu einem neuen Einkaufszentrum genommen. Dazu zählt eine Bauvoranfrage, die positiv beschieden worden ist. Architektonisch gibt es bereits konkrete Pläne: Das Aussehen der Fassade soll im Rahmen eines Wettbewerb entschieden werden, die Innengestaltung hingegen steht weitgehend fest. Dabei ist vorgesehen, dass im Erdgeschoss ein barrierefreies Edeka-Vollsortimentgeschäft entsteht, mit niedrigen Regalen und weiten Gängen. Im unteren und oberen Geschoss hingegen werden diverse Einzelhandelsgeschäfte Einzug halten. Laut Edeka stehen die meisten Mieter bereits fest, es handele sich überwiegend um bekannte, namhafte Unternehmen. Damit nicht genug: Die Bauherrin plant über den Parkdecks im zweiten und dritten Stock bis zu 50 Wohnungen, in aktuellen, vorsichtigen Schätzungen seitens Edeka ist sogar von bis zu 70 Wohneinheiten die Rede. Damit käme das Unternehmen zugleich einem Wunsch der Stadt sowie des Bürgervereins nach.
Es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis auch Außenstehende ein erstes Lebenszeichen wahrnehmen: So sollen laut den Plänen der Edeka-Gruppe 2018 die ersten Bagger losrollen, damit ab 2020 schließlich ein „neues Herz für die Südstadt“ schlagen kann.
Titelbild: Das ehemalige Einkaufszentrum am Aufseßplatz – © Stadt Nürnberg
Schreibe einen Kommentar